Einleitende Bemerkungen

Viele Wege führen nach Rom. Es gibt auch viele Methoden, um das Mantrailing zu erlernen, nicht alle sind zielführend. Wir beobachten vieles und versuchen, einen Ausbildungsweg zu finden und weiter zu entwickeln, mit dem wir uns am meisten Erfolg versprechen. Wir trainieren nach den Leitlinien von Armin Schweda, mit dem wir auch regelmässig Trainings in Deutschland absolvieren dürfen. Als Literatur empfehlen wir sein Buch, das er zusammen mit Tanja Schweda und Astrid Nestler geschrieben hat: Von der Basis zum erfolgreichen Mantrailing – Finden statt suchen. Da unsere Mantrailing-Philosophie in weiten Teilen jener von Armin Schweda entspricht, sind viele Darstellungen auf dieser Webseite identisch wie in seinem Buch beschrieben respektive stammen daraus (ohne dass wir das immer referenzieren).

Wichtig ist: Beim Mantrailing nutzt der Hund sein angeborenes Jagdverhalten. Dies muss er nicht lernen, er muss es nur perfektionieren. Beim Aufbau des Hundes helfen wir ihm mit hilfreichen Übungen dabei, dies zu tun. Noch viel entscheidender ist aber die Ausbildung der Hundeführerin respektive des Hundeführers. Der Hund soll unterstützt werden, aber nicht in seiner Arbeit behindert. Nicht überlegen, wo es wohl durchgeht, das soll der Hund zeigen. Nicht daran zweifeln, ob er es richtig macht, ihm Vertrauen schenken und ihn damit stärken. Auf keinen Fall Einfluss darauf nehmen, in welche Richtung es geht. Und sich nicht aufregen, sondern positiv unterstützen. Dann gelingt es mit dem richtigen Training als Team erfolgreich zu werden.

Gewisse Voraussetzungen müssen aber gegeben sein. Es braucht Alltagstauglichkeit des Hundes, er muss sich über längere Zeit auf eine Sache konzentrieren können und einen soliden Findewillen haben (Zitat 1). Im Training fördern wir die Beharrlichkeit des Hundes, seine Konzentrationsfähigkeit, seinen Findewillen sowie seine Erfahrung (Zitat 1). 

Aufbau am Beispiel von "Hazel"

Am 11. Januar 2021 hat die Labradorhündin Hazel das Licht der Welt erblickt. Am 9. März 2021 ist sie bei uns eingezogen. Erstes Ziel war es, aus ihr einen tollen Familienhund zu machen, was schnell und problemlos gelang. Weiter wollen wir ihre Fähigkeiten als Mantrailerin fördern, welche - bei Bedarf - als Rettungshund ihre Spürnase erfolgreich einsetzen soll.

Auf unserer Webseite zeigen wir (Marie-Louise als Hundeführerin, Jörg als ihr Trainer), wie man einen jungen Hund für das Mantrailing ausbildet und permanent weiterentwickelt. Wir profitieren dabei von jahrelanger Erfahrung, die wir mit unserer Hündin Ladina – unter anderem auch bei Redog Schweiz – machen durften. Weiter dürfen wir regelmässig bei Armin Schweda in Hof  (Deutschland) sowie bei Thomas Hetterich, welcher die gleiche Ausbildungsphilosphie wie Armin Schweda hat - beim DRK Emmendingen (Deutschland) trainieren.

Nichts aber ersetzt, sich selber mit Literatur und Übung im Umgang mit Hunden Erfahrung anzueignen. Und wichtig für den Trainer und das Team ist: Geduldig sein und sich Zeit lassen, lieber sauber ausbilden als aufs Tempo zu drücken und dann Hund wie auch Hundeführerin respektive Hundeführer zu überfordern und zu demotivieren. Zwei (zu Beginn bis drei) Trainingseinheiten pro Woche sind zielführend.

Arbeitsmittel und Befehle beim Mantrailing

Beim Mantrailing verwendet man spezielle Arbeitsmittel und Befehle, die nur hier gebraucht werden dürfen. Sind die Hunde auf diese Hilfsmittel und Befehle konditioniert, wissen sie, was von ihnen bei der Arbeit – beispielsweise einem Rettungseinsatz – erwartet wird.

Das Geschirr: Als erstes brauchen die Hunde ein spezielles Geschirr (in der Schweiz «Gschtältli» genannt) für den Einsatz. Dieses muss am Brustkorb breit sein, damit es den Hund bei der Arbeit nicht würgt, obwohl er seine Hundeführerin / seinen Hundeführer zieht. Hier ein Beispiel:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Rücken muss es eng sein, damit die Interaktion zwischen Mensch und Hund über die Leine gut und ohne ruckeln funktionieren kann. Ist der Hund ausgewachsen empfiehlt es sich, ein Geschirr zu verwenden, das genau auf den Hund abgestimmt ist. Hier ebenfalls an Hazel gezeigt:

 

 

 

 

 

 

Zusätzlich zum Geschirr trägt der Hund das Halsband, welches auch im Alltag getragen wird. Durch den Griff an dieses Halsband (oder dem Anleinen an demselben) übernimmt die Hundeführerin respektive der Hundeführer das Kommando während des Trails sofern dies notwendig ist. Details zum Geschirr finden sich hier.

Die Schleppleine: 

Weiter braucht man eine Schleppleine – welche ebenfalls nur beim Mantrailing eingesetzt wird. Bei der nötigen Länge der Leine gehen die Ansichten weit auseinander. Wir haben zu Beginn mit langen Leinen (bis zu acht Meter) trainiert, dann aber auf ein Länge von drei Metern umgestellt. Damit haben wir nur gute Erfahrungen gemacht. Bei heiklen Situationen – beispielsweise beim Überqueren einer befahrenen Strasse oder wenn es um eine Hausecke geht – sind wir näher am Hund und können wenn nötig schneller eingreifen, ohne den Hund zu verunsichern. Weiter ist es einfacher, immer den gleichen Zug auf der Leine zu haben als bei einer Länge von fünf und mehr Metern. Hier ein Beispiel richtiger Leinenführung:

 

Weitere Details zur Schleppleine finden sich hier.

Der Geruch der vermissten Person 

Den Geruch offeriert man dem Hund mit einem Gefrierbeutel der Grösse 3 bis 3 1/2 Liter, welcher oben verschlosssen werden kann. In diesem Beutel bewahrt man den Geruchsgegenstand der vermissten Person auf, bis dieser dann dem Hund zu Beginn des Einsatzes offeriert wird. Achten Sie darauf, dass die Tüte nicht über die Augen gezogen wird, die Nase des Hundes nicht auf den Geruchsgegenstand gepresst wird (Abstand von einigen Zentimetern) und ihre Finger ausserhalb der Tüte sind. Details sind in diesem Film dargestellt. Weitere Informationen zum Geruchsträger findet Ihr hier. Noch besser als Beutel sind destillierte Gläser. 

 

Sicherheitsweste 

Die Hundeführerin respektive der Hundeführer sollten zur eigenen Sicherheit sowie jener des Hundes immer eine Sicherheitsweste tragen, damit sie gesehen werden. Damit wird die Unfallgefahr wesentlich verringert. Wer sich keine spezielle Mantrailing-Weste anschaffen will, kann auch die Warnweste verwenden, welche man im Auto dabei haben muss. Dasselbe gilt für die Begleitperson, die dem Mantrailing Team folgt, vor Fahrzeugen warnt und sie auch vor diesen schützt. Hier findest Du unsere Sicherheitswesten und weitere Informationen zur Kleidung der Hundeführerin respektive dem Hundeführer.

 

Die ersten Schritte zum Mantrailer

Den ersten Mantrailing – Versuch mit Hazel haben wir am 3. April 2021, also im Alter knapp 12 Wochen durchgeführt (siehe Film unten). Wir haben diesen auf einem asphaltierten Weg gemacht, damit die Hündin lernt, einer Geruchsspur zu folgen (und nicht einer Fährte, also einer Bodenverletzung mit Geruch von zertretenen Kleinstlebewesen und Pflanzen). Die Hündin weiss noch nicht, was wir von ihr möchten.

In diesem Film sehen Sie wesentliche Elemente der ersten Mantrailing – Übungen. So als erstes die Opferbindung, also die spielerische Auseinandersetzung der späteren Versteckperson mit dem Hund, damit dieser Freude entwickelt, fremde Menschen zu finden. Weiter darf der Hund sehen, wohin sich die Versteckperson bewegt, er soll diese aber beim Start nicht mehr im Blickfeld haben, damit er auf Geruch und nicht auf Sicht geht. Das Geschirr ist anzuziehen, bevor der Hund den Geruch beschnuppern kann – am besten mindestens zwei Meter vom Geruchsträger entfernt. Wenn der Hund – geführt am Halsband – über den am Boden liegenden Geruchartikel geht, den Einsatzbefehl einsetzen (z.B. «Trail»). Am Schluss – also dem erfolgreichen Finden der Versteckperson – soll sich diese freuen und den Hund belohnen, zuerst mit Futter, das nur beim Mantrailing verwendet wird, dann mit Spiel und Spass. Dabei ist das Ziel, dem Hund beizubringen, dass es sich für ihn lohnt, der Spur einer Versteckperson zu folgen und diese zu finden. 

Da es so wichtig ist, wiederholen wir es hier: Damit der Hund die Versteckperson nicht mit dem Auge sondern mit der Nase sucht, sollte man schnell dazu übergehen, dass die Versteckperson schon nach ein bis zwei Meter um eine Ecke geht und sich dann versteckt; der Hund wird freudig um die Ecke rennen und dann - mangels Sichtkontakt - merken, dass er dank seiner Nase der Geruchsspur folgen kann. Ob der Hund wirklich dem Individualspur folgt oder einer Fährte kann man ganz einfach testen: Man legt eine Spur und lässt diese erst 24 Stunden später abarbeiten, ein Fährtenhund wird dann nichts mehr finden.

Bewusst haben wir als Geruchsträger ein Kleidungsstück der Versteckperson genommen, das schon etwas früher in einer Tüte aufbewahrt wurde, damit der Hund möglichst schnell lernt, dass er dem präsentierten Geruch und nicht irgendeinem frischen Geruch folgen soll. Da ein Kleidungsstück nur bedingt als Geruchsträger geeignet ist (da es auch nach dem Waschen kontaminiert ist) empfiehlt es sich, möglichst bald auf kleinere Geruchsträger zu wechseln, die ausschliesslich Geruch der Versteckperson haben.

Bei nervösen Hunden verwendet man anstelle des im Film verwendeten Kleidungsstücks einen Gegenstand, den der Hund ungern aufnimmt, um zu verhindern, dass er damit spielt. Beispielsweise eine Schaufel, die die vermisste Person verwendet hat. In solchen Fällen sollte aber die Hundeführerin respektive der Hundeführer vor allem an sich und seiner Beziehung zum Hund arbeiten: Nur wer ruhig und gelassen arbeitet kann auch den Hund beruhigen. Und die vorbereitenden Arbeiten des Hundeführers müssen gerade bei nervösen Hunden schnell, zielgerichtet und immer identisch erfolgen – so wird die Angelegenheit auch bei nervösen Hunden schnell zur Routine.

Wichtig ist, dass man dem Hund beibringt, eine individuelle Geruchspur (und nicht ein Fährte) zu verfolgen und auch nicht zu stöbern. Man muss also sicherstellen, dass der Hund den Zielort nicht über die bakterielle Zersetzung von zerquetschten Mikroorganismen (= Fährte) oder die «Oberluft» (stöbern) riechen kann. Dabei muss man Wissen, dass Hunde (wie Wölfe) beim Suchen einer Beute eher Fährten folgen möchten (Zitat 3) - also muss man hier sehr zielgenau arbeiten und dem Hund von Anfang an beibringen, dass wir die Verfolgung des Individualgeruchs wollen. Misslingt dies, ist es kaum mehr möglich, dies zu ändern. 

Um das Stöbern zu verhindern arbeitet man entweder bei Windstille oder lässt die zu suchende Person mit dem Wind gehen. Geeignet sind zu Beginn vor allem kanalisierte Übungsgebiete mit wenig Thermik. Um die Fährtensuche zu verhindern trainiert man am Anfang nur auf Asphalt (sogenannt «graue Gebiete»), wenn ein Hund dies beherrscht hat er auch keine Probleme auf «grünen Gebieten» wie Wald, Wiese oder Schotterweg, zumal sich dort der Geruch an Pflanzen, Bäumen und Sträuchern anlagert und weniger verteilt als auf offenen geteerten Flächen. Die Hundeführerin respektive der Hundeführer sollte gut beobachten, wie der Hund die Spur aufnimmt – die dabei verwendete Körpersprache kann auch später Indizien (mehr aber auch nicht) liefern, ob der Hund wie verlangt arbeitet.

Wichtig ist weiter, dass der Hund der frischesten Individualspur folgt, die man ihm über den Geruchsträger präsentiert hat, und nicht einfach der frischesten Spur eines Menschen. Um dies zu prüfen lässt man kurz vor Start eine andere Person über die Spur laufen, folgt der Hund dieser frischeren Spur, hat er den Auftrag (noch) nicht verstanden.

Ein Mantrailing – Hund muss lernen, fokussiert und selbständig zu arbeiten. Konzentration auf die Arbeit ist gefragt. Er darf sich nicht von anderen Menschen oder Tieren und auch nicht von Futter – hier gezeigt von Hazel in einem Hundeladen - ablenken lassen und auch nicht jedem spannenden Geruch nachgehen, der nichts mit seiner Aufgabe zu tun hat. Ein Rüde hat während der Arbeit auch das Markieren zu unterlassen. Dies alles gehört zur Alltagstauglichkeit und damit zur Basisarbeit der Hundeausbildung und wird nicht während des Mantrailing – Trainings geübt, es ist vielmehr eine Voraussetzung für den Erfolg beim Mantrailing. Fehlt die Konzentration auf das Wesentliche beim Hund, ist erfolgreiches Mantrailing kaum möglich. Die Hundeführerin respektive der Hundeführer müssen einen Weg finden, wie sie ihren Hund in die richtige Konzentration bringen, eher ruhige Hunde also motivierend pushen, nervöse Hunde eher beruhigen.

Mit gutem Mantrailing Training wird die Selbständigkeit und das Selbstvertrauen des Hundes gestärkt. Er lernt, dass er die Geruchsspur und die Versteckperson eigenständig finden kann und dass sich seine Bezugsperson sehr freut, wenn er dies erfolgreich erledigt. Damit steigt sein Arbeitswillen und sein Selbstbewusstsein.

Rituale

Beim Mantrailing werden Rituale verwendet, die nur hier eingesetzt werden. Ziel der Rituale ist, den Hund und die Hundeführerin respektive den Hundeführer auf die Arbeit zu fokussieren, volle Konzentration aufs Wesentliche zu erzeugen. Und das ist sehr wichtig: Auch der Mensch muss sich voll auf seine Mantrailing Arbeit fokussieren, andere Gedanken hinter sich lassen; gelingt dies nicht, wird der Hund keine Chance haben, erfolgreich zu arbeiten, da er merkt, dass «Frauchen» respektive «Herrchen» nicht bei ihm und der Sache ist.

Vor dem Trail sollte dem Hund unbedingt ein Getränk angeboten werden, das er gerne trinkt. Beispielsweise frisches Wasser, wir geben etwas Ziegenmilch dazu, weil unsere Hunde das lieben. Dasselbe machen wir nach dem Trail, bei langen Trails und/oder hoher Temperatur auch während des Trails.

Der Trail beginnt mit dem Anziehen des Geschirrs («Gschtältli»), welches nur beim Mantrailing verwendet wird. Dieses muss bei Brustkorb breit sein, auf dem Rücken lang damit der Hund ohne «Rupfen» an der Leine begleitet werden kann. Anschliessend wird der Geruch dem Hund präsentiert, dieser ist in einer verschlossenen Tüte aufbewahrt. Nach dem Verwenden des Geruchs wird ein Befehl zum Mantrailing erteilt, der nur hier gebraucht wird; der Hund lernt so, dass er dem erhaltenen Geruch – welchen er im Kurzzeitgedächtnis abgespeichert hat – folgen soll. Daher muss der Befehl am Ende der Geruchabgabe sofort erteilt werden; falsch ist es, dies später nochmals zu machen, denn dann wird der konditionierte Hund jenem Geruch folgen, den er jetzt gerade in der Nase hat – das Finden des Opfers wird zum Zufall. Ein weiterer Befehl – ebenfalls nur beim Mantrailing verwendet – wird gebraucht, um den Hund bei der Arbeit zu halten wenn er allenfalls privaten Interessen nachgeht. Wir verwenden beim Start das Wort «trail», danach arbeiten wir mit dem Wort «schaffa» (= arbeiten).

Hat der Hund die Versteckperson gefunden zeigt er dies immer auf die gleiche Art (z.B. durch Hinsetzen vor der Person oder durch Anspringen derselben, am besten das verstärken, das der Hund anbietet). Nun wird der Hund belohnt; dafür bekommt er etwas, das er sehr gerne hat, aber nur beim Mantrailing erhält. Wir verwenden gefrorene Fische (Stint). Im Training füttert die Versteckperson den Hund, und zwar beim Beispiel der Fische jeden einzeln (Grund: Aufbau und Vertiefung der Opferbindung, der Hund soll sich möglichst lange freuen und nicht einfach alles verschlingen). Die Leine wird vom Hundeführer ans Halsband umgehängt, da nun die Befehlsgewalt auf den Menschen zurück geht. Nachdem sich der Hund beruhigt hat wird das Geschirr abgezogen – der Einsatz ist beendet. Zwecks Opferbindung darf im Training nun die Versteckperson den Hund zurück führen und mit ihm spielen.

Die Rituale müssen in der Folge gefestigt werden, damit der Hund lernt, was von ihm erwartet wird. Schnell kann man den Geruchsgegenstand in einen Sack legen und ihn dem Hund zu Beginn des Trails präsentieren. Wichtig: Länge des Trails noch nicht erhöhen! Hier ein Beispiel inklusive Verleitperson.

Wie bereits erwähnt werden beim Mantrailing im Einsatz nur zwei Begriffe verwendet, einer während der Geruchsaufnahme und dem anschliessenden Start, damit der Hund weiss, welchem Geruch er zu folgen hat, einen zweiten Begriff während des Trails, wenn der Hund nicht voll konzentriert an der Arbeit ist. Bei diesem Beispiel schaltet sich die 11 Monate alte Hazel gegen Ende des Tests kurz auf einen Hund auf, ein Befehl «schaffa» (= arbeiten) und schon ist die Hündin wieder konzentriert bei der Arbeit. Dieser Trail war etwas mehr als 20 Minuten zuvor gelegt worden und es war windig.

Phasen des Mantrailings

Beim Mantrailing unterscheidet man drei Phasen, nämlich den Startvorgang, den Verlauf des Trails sowie die Arbeit im Zielgebiet, zu welcher auch die Art des Anzeigens der gesuchten Person zählt. Der Hund soll das Opfer immer gleich anzeigen, beispielsweise indem er sich vor das Opfer hinsetzt oder dieses anspringt. Bei den Prüfungen des deutschen roten Kreuzes ist diese «nicht bestanden», wenn der Hund dieses Ritual bereits während des Trails bei einer Person anwendet. Beim das Team aufbauenden Training setzt man jeweils einen Schwerpunkt auf eine dieser drei Phasen um Tier und Hundeführerin respektive Hundeführer gezielt zu fördern und nicht zu überfordern.

 

Wer kennt den Weg des Trails?

Wenn man als Trainer einen Trail auslegt, darf die Hundeführerin respektive der Hundeführer (und auch die Beobachter des Geschehens) nicht wissen, wo die vermisste Person durchgelaufen ist. Denn Hunde lesen den Menschen sehr gut. Kleinste – auch unbewusste – Aktionen werden registriert. Zum Beispiel, wenn die den Hund führende Person erleichtert ist, dass der Hund den richtigen Abgang gefunden hat. Und schon beginnt der Hund sich auf seinen Begleiter statt auf seine Nase zu verlassen. Ein fataler Fehler bei der Ausbildung der Spürnase. Will ein Trainer prüfen, ob der Hund gelernt hat, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren statt zu versuchen, bei ihm oder den Zuschauern Informationen zu erhalten, bleiben er und die Zuschauer einfach mal stehen; wenn der Hund weiter arbeitet, ist er selbstsicher an der Bewältigung seiner Aufgabe. Der Trainer sollte zudem auch nicht immer stehen bleiben, wenn der Hund den falschen Weg wählt, ansonsten dass dies Tier dies sofort lernt und umkehrt.

 

Mantrailing nur am Tag oder auch in der Nacht?

Mantrailing-Einsätze finden nicht selten auch in der Nacht statt. Also ist es wichtig, dass zwischendurch auch in der Dunkelheit trainiert wird. Hier Hazel im November 2021 im Alter von 10 Monaten in Volketswil.

 

Reale Bedingungen für Einsätze trainieren

Wenn ein Mantrailing Team eine vermisste Person suchen muss, ist nicht davon auszugehen, dass sie einfach einen Weg abgelaufen ist wie meistens im Training oder bei Prüfungen. Vielmehr geht eine Person oft im Zickzack-Kurs, ähnlich wie bei einem Einkaufsbummel. Hier muss der Hund ältere und frischere Spuren unterscheiden um zum Ziel zu kommen. Und in 93% der Fälle entfernt sich die vermisste Person nicht weiter als ein Kilometer. Hier ein Test mit Hazel im September 2022 im zürcherischen Pfäffikon, die Versteckperson war seit einer Stunde beim Shopping und immer in langsamer Bewegung. Noch optimaler wäre es, ein «Opfer» 12-24 Stunden herum irren zu lassen.

Hinweis zum Aufbau: Dies erst mit Hunden üben, welche die Reife der Einsatzfähigkeit erreicht haben.

Bei erfahrenen Hunden sollte man bei den Trainings zwischendurch auch Thermikprobleme stellen. Dazu eignen sich Kaufhäuser, Spitäler und dergleichen. Wenn man beispielsweise weiss, dass die Luft auf einer Seite des Gebäudes eingesogen wird und wo sie wieder austritt, kann man die vermisste Person so auslegen, dass der Trail den Ort passiert, an dem die Luft austritt, man die Person aber dort platziert, wo die Luft angesogen wird. Thermikprobleme entstehen auch, wenn ein Gebäude den Wind und damit die Spur in eine andere Richtung treibt als den Ort, an dem die vermisste Person effektiv ist. Hier ein Trail mit dieser Thematik für Hazel beim Spital Uster (September 2022), kombiniert mit einer verleitender Person aus der Trainingsgruppe zu Beginn (um zu sehen ob sich der Hund ablenken lässt) und eines Hundes der Trainingsgruppe am Ende des Trails.

Grosse Plätze mit lokaler Thermik sind oft eine grosse Herausforderung für Mantrailer. Bei diesem Beispiel in Gfenn wehte der Wind von rechts nach links, es gab lokale Thermik und last but not least viel Störbetrieb. Aber ein gut ausgebildeter Hund arbeitet bis zum Ende durch. Vor dieser Szene hat Hazel bereits etwa 600 Meter die Spur verfolgt.

Gerade bei Ernsteinsätzen dauert es meist etwas länger, bis sich ein allfälliger Erfolg einstellt. Es braucht daher Pausen für Mensch und Tier. Eine Pause legt der Hundeführer ein, indem er die Leine von Geschirr ans Halsband umhängt, damit weiss der Hund, dass die Kontrolle des Geschehens wieder beim Menschen ist. Dies sollte man regelmässig üben. Der Hund kennt den Geschmack auch nach der Pause noch, wird er wieder am Geschirr angeleint und der Befehl «arbeiten» (oder wie immer Ihr zweites Trailwort heisst) eingesetzt, sucht er weiter. Mit solchen Pausen kann man auch Ruhe bei Mensch und Hund erzeugen. Im Training sollte man solche Pausen nicht nur in heiklen Phasen oder Konfliktfällen einbauen, sondern auch mal einfach so ohne Grund. So wird dies für den Hund etwas völlig normales. Wenn nötig kann der Hund in solchen Pausen auch mit einem Getränk versorgt werden, denn Mantrailing ist für den Hund etwas sehr anstrengendes und macht in durstig.

 

Betreibt der Hund Mantrailing oder stöbert er?

Mantrailing und Stöbern sind unterschiedliche Suchformen – meist in einem Hund nicht vereinbar, insbesondere wenn man ein hohes Niveau erreichen will. Der Mantrailer geht einem Indivudal-Geruch nach, der Stöberer sucht über die Oberluft und versucht den Geruch «zu entdecken», ihm entgegen zu gehen (Zitat 2). Dies ist auch für einen Inidvidualgeruchstöberer unmöglich, wenn die vermisste Person in einem Gebäude ist, ein Mantrailer findet aber den Eingang. Ein guter Test, um heraus zu finden, ob ein Hund wirklich trailt. Versuchen Sie das aber erst, wenn der Hund an Sicherheit und Routine gewonnen hat. Beim nachfolgenden Beispiel wurde Hazel im September 2022 erstmals mit dem Thema konfrontiert.

Und mit weiterem Training wird dies immer besser - hier erstürmt im März 2023 Hazel geradezu ein Tiergeschäft. Und hier findet sie die Versteckperson in einer Bank in Emmendingen.

 

Das Mentale 

Eine zwingende Voraussetzung für den Erfolg beim Mantrailing ist das Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Hund. Hunde wollen Anerkennung spüren, bei der Arbeit ist es wichtig, dass die Hundeführerin respektive der Hundeführer zu 100% gedanklich mit dem und beim Hund sind. Viele denken während des Trails immer mit, wo es wohl durchgehen könnte (genannt «Kopfkino»). Dies beeinflusst den Hund negativ. Man muss diese Gedanken verdrängen und sich voll auf den Hund und was er gerade so anstellt konzentrieren. Ihm beistehen, ihn mit positiven Gedanken stärken. Wir haben bei unserem Aufbau sogar für kurze Zeit einen Sportpsychologen beigezogen, um Marie-Louise in dieser Hinsicht zu stärken. Die Effekte waren bei beiden Hunden, sowohl der routinierten Ladina als auch der sehr arbeitswilligen Hazel verblüffend, die Niveau beider Hunde steigerte sich weiter.

Auf die Spitze getrieben wird ein solch negativer Einfluss durch eine Hundeführerin respektive einen Hundeführer, die/der voll Elan mit dem Hund mitgeht, wenn sie/er denkt, dass der Hund richtig unterwegs ist, aber sich an der Leine eher schwer macht, wenn sie/er glaubt, der Hund laufe falsch. Mit solchen Praktiken werden Sie auch den talentiertesten Hund zu einem schlechten «Mantrailer» entwickeln.

Wichtig ist, dass der Hund in Ruhe arbeiten kann. Daher spricht die Hundeführerin respektive der Hundeführer und auch die Begleitung nur, wenn es notwendig ist. Die gilt auch für dem Team folgende Zuschauer.

 

Kann man den Hund lesen?

Hier sind die Meinungen sehr unterschiedlich, unserer Erfahrung nach geht dies aber nur bedingt, insbesondere dann, wenn der Hund an Routine gewonnen hat. Es gibt Hunde, die Benehmen sich wie wenn sie eine Spur hätten, auch wenn dies nicht mehr der Fall ist. Sie wissen genau, wie sie trailen müssen, damit «Frauchen» respektive «Herrchen» meint, es sei alles in Ordnung. Haben sie dann auch noch Glück und treffen zufällig wieder auf die Spur, ist sowieso alles in Ordnung. Aber nur scheinbar, langfristig ist dies nicht zielführend.

In einem Test in den USA wurden die erfahrenen Hundeführerinnen und Hundeführer von 50 Teams mit Puls-Messegräten versehen und auf einen Trail geschickt. Die Teilnehmer mussten anschliessend beantworten, wo sie sich noch sicher waren, dass der Hund auf der korrekten Spur ist. Die meisten hatten das Gefühl, dass dies der Fall sei wenn der Hund zügig vorangegangen ist, entsprechend tief war auch ihr Puls. Aber 50% der Einschätzungen waren falsch. 

Beobachten kann man unserer Erfahrung nach, ob der Hund arbeitet oder gerade privaten Interessen nachgeht. Jeder Hund ist individuell und man kann versuchen herauszufinden, wie seine Körperhaltung ist, wenn er arbeitet oder wenn er andere Gerüche spannender findet. Indikativ lässt sich festhalten, dass wenn der Hund beim Schnuppern stehen bleibt, er eher privaten Interessen folgt, doch wenn er sich bewegend schnuppert eher am arbeiten ist.

Es gibt Indizien. Wird der Hund langsamer hat er entweder die Geruchsspur verloren oder sie ist schwächer geworden. Zieht er an, ist die Spur tendenziell stärker und frischer. Falsch aber die Schlussfolgerung, der Hund sei auf der Spur, wenn er das Tempo erhöht respektive habe die Spur verloren, wenn er langsam wird und intensiv den Boden mit seiner Nase absucht. Wir müssen den Hund im Training so konditionieren, dass er umkehrt, wenn er den Geruch verloren hat; wenn Hazel dennoch nicht auf die Spur zurück findet, nimmt sie kurz Blickkontakt mit der Hundeführerin auf.

Nichts desto trotz: Hundeführerin/Hundeführer und Hund sind bei der Arbeit ein Team, welches sich gegenseitig unterstützt. Merkt beispielsweise ein Hund, dass die gesuchte Person eine Türe passiert hat, zeigt er dies an, wenn er das gelernt hat. Damit kann für ihn die Türe geöffnet werden. Hier demonstriert von Hazel im Dezember 2023 auf dem Schulgelände in Winterberg.

 

Hundestaffeln

Eine Hundestaffel verfügt in der Regel neben Mantrailern auch über Flächensuchhunde respektive auch Trümmersuchhunde. Nützlich sind auch Leichenspürhunde. Die Einsatzleitung setzt diese gezielt ein. Es empfiehlt sich, zwischendurch auch ein gemeinsames Training zu absolvieren, damit die Hunde lernen mit der Ablenkung umzugehen.

Professionelle geführte Rettungshundestaffeln überwachen die Arbeit der Mantrailingteams bei Einsätzen (und einsatznahen Trainings) mit GPS-basierten Geräten. Dem Hund wird ein Sender am Hals angebracht (teilweise trägt dieses auch die Hundeführerin respektive der Hundeführer bei sich, beispielsweise in einer Tasche ihrer/seiner Weste). Unten die Garmin-Geräte, welche wir verwenden.

Um eine bessere Übersicht zu haben, kann man die Daten auch auf einem Laptop anzeigen lassen, so sieht die Einsatzleitung, welchen Weg die einzelnen Einsatzteams eingeschlagen haben und wo sie gerade sind. Wir verwenden diese Technik auch für unser Training. Wie das funktioniert erklären wir im Menu «Wir trainieren zu zweit«.

 

Literaturhinweise:

Zitat 1: Schweda / Nester, Mantrailing, Finden statt suchen, 2019, Seite 17

Zitat 2: Schweda / Nester, Mantrailing, Finden statt suchen, 2019, Seite 19

Zitat 3: Blechschmidt Ralf, Mantrailing in der Polizeiarbeit, 2023, Seite 48

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