Die Meinungen, ob man einen Hund lesen kann, gehen weit auseinander. Unserer Erfahrung nach geht dies nur bedingt, insbesondere dann, wenn der Hund an Routine gewonnen hat. Es gibt Hunde, die Benehmen sich wie wenn sie eine Spur hätten, auch wenn dies nicht mehr der Fall ist. Sie wissen genau, wie sie trailen müssen, damit „Frauchen“ respektive „Herrchen“ meint, es sei alles in Ordnung. Haben sie dann auch noch Glück und treffen zufällig wieder auf die Spur, ist sowieso alles gut. Aber nur scheinbar, langfristig ist dies nicht zielführend.

Beobachten kann man unserer Erfahrung nach, ob der Hund arbeitet oder gerade privaten Interessen nachgeht. Jeder Hund ist individuell und man kann versuchen herauszufinden, wie seine Körperhaltung ist, wenn er arbeitet oder wenn er andere Gerüche spannender findet. Indikativ lässt sich festhalten, dass wenn der Hund beim Schnuppern stehen bleibt, er eher privaten Interessen folgt, doch wenn er in Bewegung schnuppert eher am arbeiten ist.

In einem Test in den USA wurden die erfahrenen Hundeführerinnen und Hundeführer von 50 Teams mit Puls-Messegräten versehen und auf einen Trail geschickt. Die Teilnehmer mussten anschliessend beantworten, wo sie sich noch sicher waren, dass der Hund auf der korrekten Spur ist. Die meisten hatten das Gefühl, dass dies der Fall sei wenn der Hund zügig vorangegangen ist, entsprechend tief war auch ihr Puls. Aber 50% der Einschätzungen waren falsch. 

Wir haben beim Aufbau von Hazel wie auch schon bei Ladina versucht, Indikatoren zu finden, um festzustellen, ob sie gerade einen Geruch haben oder allenfalls nach der Spur suchen. Wir haben gelernt, dass der Hund immer wieder mal Kleinigkeiten an seinem Trailstil verändert, indem er immer besser lernt, auf was er alles achten muss. Und so ist ein Lesen des Hundes nur bedingt von Erfolg gekrönt. Um so wichtiger ist, den Hund solide auszubilden und ihm zu vertrauen, auch wenn es mal schief läuft. Verliert man das Vertrauen in den Hund wird man langfristig keinen Erfolg haben. Nicht wütend werden wenn es nicht klappt, sich emotionsvoll mit dem Hund freuen, wenn es funktioniert. Und positiv an seinen Hund glauben. Damit findet das Tier immer mehr Freude an der Arbeit und am Erfolg, das macht es stärker.

Aber es gibt Indizien. Wird der Hund langsamer hat er entweder die Geruchsspur verloren oder sie ist schwächer geworden. Zieht er an, ist die Spur tendenziell stärker und frischer. Hazel kehrt um, wenn sie den Geruch verloren hat; findet sie nicht zurück nimmt sie oft kurz Blickkontakt mit der Hundeführerin auf. Am besten führt man den Hund in so einem Moment an jene Stelle zurück, wo er die Geruchsspur wahrscheinlich noch hatte. Trailt er wieder an den gleichen Ort und wiederholt sich der Blickkontakt, ist dies ein Hinweis, dass die Spur hier endet. Gründe können sein: Die gesuchte Person ist hier in ein Verkehrsmittel gestiegen und weggefahren oder ist in der Nähe ums Leben gekommen (da ändert sich sofort der Geruch).

Wenn unsere Hunde in eine Richtung gehen und dann feststellen, dass der Wind etwas Geruch in den Weg getragen hat, die Geruchsspur hier aber nicht mehr existiert, heben sie den Kopf, schauen kurz noch in die selbe Richtung und kehren dann um, damit sie an den Ort der letzten Entscheidung gelangen und weiter suchen können.

Im Zielbereich erhöhen unsere Hunde meist das Tempo, scheinen erregt zu sein. Die Rute bewegt sich freudig und schnell. Ganz extrem war es bei diesem Beispiel von Hazel, man sieht richtig die Erregung und Freude. Zeigt der Hund eine vergleichbare Reaktion, ist die gesuchte Person dann aber doch nicht da, ist es ein Indiz, dass sie zwar in der Nähe, aber an einer nicht einsehbaren Stelle ist (in der Höhe, hinter einer Wand und dergleichen).

Ein Fehler ist es seinen Hund immer wieder zu hinterfragen. Hier ist Mentaltraining gefragt. Es gibt auch Hundeführer, die verstärken den Zug der Leine wenn sie denken, der Hund sei nicht mehr auf der Spur. Setzt sich der Hund dann durch glauben sie, ihn erfolgreich getestet zu haben. Doch damit verändert man die Leinenspannung, was negativ für das Vertrauensverhältnis Mensch – Hund ist, also nicht zielführend ist. Denn man bedenke: Wir Menschen wissen nicht, wo der Geruch ist, das weiss nur der Hund. Er hat die Führung und wir folgen ihm – das ist alles. Nehmen wir Einfluss, wird der Hund beginnen, zu gehorchen, und schon sind die Erfolgsaussichten minimiert. Selbst bei einsatzgeprüften Teams sehen wir immer wieder, wie das «Kopfkino» der Hundeführerin respektive des Hundeführers zu Fehlern bei der Arbeit der Hunde führt.